Der oben genannte Titel stammt vom Wiener Viktor E.Frankl. Ein ganz besonderer Mensch, der mir zum Vorbild wird/wurde.
"Wie muss ein Mensch 'ticken', um so zu handeln/denken, wie er es tut?", war eine Frage, die ich während meiner Ausbildung zum Coach immer wieder hörte und die mich seit dem sehr begleitet.
Wie "tickt" ein Mensch, der die Greultaten im KZ überlebt hat und bis zum Lebensende lebensbejahend war?
Es ist 06:58h in der Frühe und ich bin im Zug von Wien nach Frankfurt und in mir hallt der gestrige Abend im Viktor E.Frankl Zentrum Wien nach. Ein Abend, an dem ich einen ersten Eindruck auf die vor mir liegenden Jahre (Lehrgang "Logopädagogik") gewann und in mir ein "ja!" aus vollem Herzen ist.
Auch wenn mich Wien gestern in einem grauen Kleid empfing, hat die Stadt sofort mein Herz erobert und ich freue mich sehr darauf, sie in den nächsten Jahren zu entdecken. Es war ein besonderer Flair, der mich in ihren Bann zog. Die Mischung aus Großstadt und Gemütlichkeit. Wenig bis keine Hektik - oder saß ich einfach zur richtigen Zeit im richtigen Bus?
Manche Menschen in meiner Umgebung sagen aus Fürsorge um mich, dass ich "zu viel" mache: mein Engagement im Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung, mein Mitwirken in der Gewerkschaft und meine Freiberuflichkeit. Partnerschaft und Beruf nicht zu vergessen. Vielleicht mag es auf mein Umfeld so wirken, dass es "zu viel" ist, doch ich folge meinem "Sinnruf", wie Frankl es bezeichnet. All diese Tätigkeiten bereiten mir Freude und Zufriedenheit und ich wachse daran. Kann es dann ein "zu viel" geben?
Strebt nicht jeder Mensch in seiner Einzigartigkeit nach Sinnerfüllung? Ich bin aus tiefstem Herzen dankbar, die Freiheit zu haben, diesem Ruf nachzugehen.
Überhaupt ist das Gefühl einer tiefen Dankbarkeit zurzeit mein stetiger Begleiter. Vieles habe ich ohne mein aktives Zutun geschenkt bekommen: ein liebevolles Elternhaus, ein Land, in dem ich frei bin, Gesundheit... - und ich bin mir sicher, dass noch eine Menge an Geschenken fehlt, die mir gerade nicht einfallen.
Der Zug ruckelt vor sich hin und draußen ist es noch dunkel. Das klickende Geräusch meiner Finger auf den Tasten ist das einzige, was wir hören. - Es ist interessant, wie viele um mich herum bereits vor ihren Laptops sitzen und eifrig sind.
Wir nutzen jede Gelegenheit etwas zu tun.... - doch ist es immer "sinnvoll"? Oder wäre es auch einmal "sinnvoll", die 6h Zugfahrt mit "Nichtstun" zu verbringen, um in Kontakt mit seinem Innersten zu gehen? - Was hält uns davon ab? Furcht? Desinteresse an uns? Das Gefühl, die Zeit nicht effizient zu nutzen? …??
Auch in meinen anderen Blogartikel spreche ich die kleinen Auszeiten an, denn es ist so immens wichtig, im Kontakt mit uns selbst zu sein. Mit unserem Ich führen wir eine lebenslange Beziehung.
In diesem Sinne werde ich nun die verbleibende Zeit im Zug für mich nutzen und die schöne Winterlandschaft genießen.
Eure Andrea
"Menschliches Verhalten wird nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von Entscheidungen, die er selber trifft."
© Viktor Frankl (1905 - 1997), Dr. med. et Dr. phil., österreichischer Neurologe und Psychiater, Professor für Logotherapie an der Universität San Diego